Presse-Echo – NWZ 20.09.1993

Anmerkungen zur Kinderliederreise

siehe Zeitungsartikel unten:

In den Sommerferien 1993 folgte ich Einladungen, meine neuen und andere neue, moderne Kinderlieder Kindergartenkindern und Grundschülern und auch Kindergärtnerinnen in Deutschen Kolonien vorzutragen und diese mit ihnen einzuüben. Die meisten Lieder sind Lernlieder, Spasslieder oder „Bewegungslieder“, neben dem Singen wird der Textinhalt auch spielerisch erfahren. So führte mich die etwa drei-wöchige Reise zu mennonitischen Schulen in Paraguay, dann zur Deutschen Schule Villa General Belgrano (Provinz Córdoba) in Argentinien und zur Deutschen Schule in Montevideo, Hauptstadt von Uruguay. Ein Besuch in einem Goethe-Institut folgte ebenso, wie der Besuch dann meiner Verwandtschaft in Buenos Aires, Argentinien. Das letzte ließ ich selbstverständlich nicht aus, es blieb leider wieder zu wenig Zeit für sie.

Die Mennoniten in Paraguay schätze ich sehr besonders wegen ihrer Lebenseinstellung zum Gewaltverzicht. Sie sind Christen einer alt-evangelischen Konfession, die nicht zur Waffe greifen. Sie wohnten und wohnen völlig autonom immer dort, wo keine Staatsregierung ihre jungen Männer zum Militärdienst einzieht. Durch die langjährige Freundschaft mit mennonitischen, wunderbaren Freunden während meiner Berufstätigkeit in Südamerika veranlasst kam ich auf die Idee, in die sehr entlegenden „Winkel“ des paraguayischen Chacos zu fahren, um mit den deutschsprachigen Mennoniten-Kindern zu singen. Ich war zwar nicht das erste Mal dort, jetzt als Kinderlieder-Vortragender allerdings doch, entdeckte wieder die unbeschreiblich herzliche, vertrauensvolle Umgangsform, dann, wenn die „virtuelle, unsichtbare Trennungswand“ zwischen dem Fremden, dem Konfessionslosen – wie ich einer bin – und den Mennoniten sehr schnell verschwunden ist. Dann kommt die Nähe, als kenne man sich schon ewig. Nie folgte eine Frage nach meinem Glauben (Nicht-Glauben) oder meiner Weltanschauung. Jemand lieh mir sein Auto von selbst, ohne irgendein Dokument nach meiner Identität zu erfragen (wer ich denn überhaupt sei), damit ich allein zu den entlegenden Schulen fahren könnte. Und noch ausgerüstet mit einer mir geliehenden guten Gitarre, solch ein Vertrauen, unvergesslich! Selbstverständlich musste ich als Gast die Religionsvorschriften bezüglich Liedertexte respektieren und änderte die Texte der Lieder, wo es nötig war. Immer wieder danke ich den Mennoniten im Chaco Paraguays für das Entgegenkommen. – Hasso Bensien

Der Artikel:

Oldenburger Köpfe
Nordwest-Zeitung 20. August 1993

Hasso Bensien

Ausschnitt aus dem Artikel:

Zitat: „Musik ist für Hasso Bensien der Schlüssel zum Herzen der Kinder. Manches hat er Anfang der siebziger Jahre selbst komponiert und getextet. „Was es damals gab, war nicht nach meinem Geschmack“, sagt er im Rückblick. Der Oldenburger Kinderliedermacher scheut sich jedoch nicht, die Songs anderer zu spielen.

Gerade ist er aus Südamerika zurückgekehrt, wo er in den unwirtlichen Gebieten der Salz-Sumpf-Steppen Paraguays mit den Kindern der Mennoniten Musik machte. Da galt es zu improvisieren; die deutschstämmigen Menschen dort kamen vor etwa 15 Generationen in das Land und sprechen noch heute eine alte Variante der plattdeutschen Sprache.

Bei den Strenggläubigen sind Tanz und Zauber verpönt; Bensien änderte kurzerhand die Texte seiner Lieder, um mit den Kindern ohne Schwierigkeiten musizieren zu können, so wurde aus „Hans will heut` tanzen“ „Hans will heut` wackeln“. Und das Lied hieß eben nicht Tanzlied, sondern Bewegungslied. Den in Deutschland so beliebten Song „Dracula-Rock“ mußte Bensien dort ganz aus seinem Repertoire streichen, da er gegen die Glaubensgrundsätze der Mennoniten verstößt. Dennoch hat ihm die Arbeit mit diesen Kindern viel Spaß gemacht. Anschließend setzte er seine Kinderliederreise fort in Argentinien und Uruguay.

Bensien – in Oldenburg auch bekannt als Teil des Duos „Peter & Hasso“ – hatte schon zuvor Südamerika Erfahrung gesammelt: Während der achtziger Jahre arbeitete er als Auslandslehrer an Deutschen Schulen in Kolumbien und Peru. Der 48jährige hat in seinem Lebenslauf jedoch nicht nur Kinderliedermacher und Realschullehrer für Kunst und Deutsch stehen, sondern überdies noch Diplom-Designer. Auch zur See gefahren ist er schon vor vielen Jahren.“ Ende des Zitats.

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kleine Korrektur,
es müsste heißen:
… die deutschstämmigen Menschen dort kamen vor etwa 15 Generationen über Friesland nach Sesshaftwerden in der Weichselniederung, später in Russland oder der Ukraine in das Land …

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